Wo bleibt der Mensch in der Industrie 4.0?

Person mit globalem Netzwerk-Konzept

Foto: iStock/metamorworks

Eine durchgängig digitalisierte Supply Chain, dezentrale Logistiksteuerung und der Wandel von starren Lieferketten hin zu agilen Liefernetzwerken führt zu einer gestiegenen Volatilität und Komplexität in der Logistik. Wird der Mensch zum zentralen Erfolgsfaktor in der Industrie 4.0?

Ein probates Mittel zum Umgang mit Volatilität und Komplexität ist es, größere und durchgängige Verantwortungsbereiche für die Beschäftigten zu installieren. Das motiviert und steigert die Produktivität, erfordert aber auch ein neues Mindset.

 

Rolle des Menschen in Industrie 4.0

Im Vorfeld der Implementierung von Industrie 4.0 ist es wichtig, die Verantwortungs- und Automatisierungsbereiche zu analysieren und die logistischen Wertschöpfungsbereiche so zu gestalten, dass auch der Mensch von einer Intralogistik 4.0 profitiert. Es müssen Aufgaben im vernetzten Arbeiten geschaffen werden, die der neuen Rolle des Menschen weniger als Arbeiter und mehr als Entscheider und Dirigenten der Logistik- und Wertschöpfungskette entsprechen. Dabei werden Arbeitsinhalte anspruchsvoller und interessanter, allerdings ist eine höhere Flexibilisierung, insbesondere von Arbeitszeiten notwendig. Eine neue Ausbalancierung des Arbeits- und Berufslebens wird somit erforderlich.

 

Auch in der Logistik einer Industrie 4.0 steht der Mensch im Mittelpunkt

Trotz ausgefeilter Sensorik in den Logistiksystemen bestehen weiterhin sensorische Lücken, die nur mit menschlicher Intelligenz zu füllen sind. Hier ist Expertise, Erfahrung und die menschliche Fähigkeit zu kontextsensitiven Entscheidungen gefragt. Die immer komplexer werdenden, dezentralen Systeme erfordern, dass ebenso dezentrale Entscheidungen echtzeitnah und ad hoc getroffen werden. Manchmal ist es hier wichtiger, schnell zu entscheiden, als richtig. Grundsätzlich gilt festzuhalten, dass auch in selbstorganisierenden Logistiksystemen der Mensch "den Stecker in der Hand behalten" muss. Dennoch verändert der Einzug der Industrie 4.0 in der Logistik die Beschäftigungslandschaft in ihrer Zahl und Qualifikation.

 

Vernetzung bedeutet mehr Transparenz

Der steigende Grad der Vernetzung logistischer Systeme führt aufgrund der dokumentierten Informationsbasis nicht nur zu transparenteren Informationen, sondern auch zu transparenten und nachvollziehbaren Handlungen und Entscheidungen. Die technologische Vernetzung ermöglicht selbst im dezentralisierten Prozessverbund, betriebliche Entscheidungen kooperativ zu treffen und ebnet so den Weg für einen interaktiveren, dezentralen Führungsstil, welcher wiederum höhere Anforderungen an die Führungskompetenz der handelnden Personen stellt. Allerdings birgt eine steigende Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen nicht nur Vorteile. Denn ursprünglich allein auf Erfahrungswissen und Expertise basierende Entscheidungen werden hinterfragbar. Unsicherheit und Entscheidungsunwilligkeit sind eine wahrscheinliche Folge.

 

Flexibilisierung bedeutet mehr Volatilität im Tagesgeschäft

Der Einführung flexibler "Logistics on Demand" anstelle starr definierter Supply Chain Prozesse folgt auch eine entsprechend flexible, service- und bedarfsorientierte Arbeitsorganisation. Mitarbeiter werden von Spezialisten zu Generalisten mit hoher Einsatzbreite. Eine bedarfsorientierte Aufgabenteilung bedeutet, dass Mitarbeiter auch kurzfristige und weniger planbar wechselnde Tätigkeiten übernehmen. Auch der Wunsch der Beschäftigten nach Alltagsplanbarkeit muss der Lust an Unplanbarkeit und Volatilität im Tagesgeschäft weichen.

 

Erfolgsfaktoren für die Umsetzung einer Logistik 4.0

Die technische Umsetzung der Industrie 4.0 in der Logistik allein ist bereits komplex; der für die Umsetzung erforderliche, ganzheitliche Paradigmenwechsel führt dazu, dass der Mensch zum zentralen Erfolgsfaktor wird. Die Aspekte Qualifizierung, Entwicklung, Kultur und Führung 4.0 entscheiden über den Erfolg.

  • Schon zu Projektbeginn muss mithilfe transparenter Kommunikation Akzeptanz der Betroffenen geschaffen werden. Betroffene müssen bei der Prozess- und Ergebnisgestaltung beteiligt werden.
  • Die alternative Nutzung von Automatisierung muss ebenfalls gemeinschaftlich und im Konsens ausgearbeitet werden.
  • Qualifizierungsoffensiven müssen rechtzeitig gestartet werden, um die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten bereitzustellen.
  • Es muss frühzeitig Transparenz und Klarheit über die Zukunft jedes Einzelnen geschaffen werden.

 

Fazit: Neue Formen der Zusammenarbeit

Angesichts einer zunehmenden Volatilität auftrags- und bedarfsorientierten Arbeitslast stellt sich die Frage, bis zu welchem Maße eine entsprechende Arbeitsort- und Zeitflexibilisierung von Beschäftigten gehen kann und in welchen Zusammen- oder Alleinarbeitsmodellen diese mündet.

  • Die steigende Komplexität der Aufgaben erfordert nicht nur eine entsprechende Qualifizierung, es werden auch neue Zusammenarbeitsformen an der Schnittstelle von Mensch und Maschine entstehen.
  • Durch die wachsende Vernetzung entsteht eine neue Transparenz, die Schnittstellen in Informationssystemen, in den Prozessen ermöglicht. Auch hier entstehen neue Formen der Zusammenarbeit, denn ganze Arbeitsorganisationen werden per Plug-and-Play zusammensteckbar.
  • Das auf verstärkter Kommunikation fußende Paradigma der Selbstorganisation ist per se eine neue Zusammenarbeitsform.

 

In gleichem Maße wie in Technik investiert wird, muss auch in die Menschen investiert werden – mit einer systematischen Entwicklung des Personals und gezielter Qualifizierung der Führungskräfte im "Führen 4.0". PROTEMA und LOPREX haben angesichts dieser Herausforderung mit der Kombination aus technischer und Changemanagement Expertise ein ganzheitliches Konzept entwickelt für die Transition von herkömmlichen Wertschöpfungsketten zu modernen Industrie-4.0 Netzwerkorganisationen. Sie möchten mehr erfahren? Treten Sie in Kontakt mit uns.