Frau Meier will sich einen brandneuen und individuell gestalteten Schuh kaufen. Derzeit nimmt sie sich ihr Smartphone oder ihr Tablet, ruft die App eines Schuhherstellers auf und wählt das gewünschte Modell. Zur Personalisierung des Schuhs lässt sich Frau Meier noch ihren Namen in die Seite des Schuhs sticken. Doch wie wird sie ihren Schuh in der Zukunft kaufen?
Nachdem Frau Meier sich für einen individuellen Schuh bei ihrem Schuhhersteller der Wahl entschieden hat, kennzeichnet ein Code den Auftrag für den gewünschten Schuh. Der Auftrag wandert nun direkt in die Fabrik des Schuhherstellers. Eingreifen kann Frau Meier jetzt nicht mehr, sie kann lediglich die Bestellung stornieren oder nachverfolgen. Doch wie wird sie ihren Schuh in der Zukunft kaufen?
Die Fabrik der Zukunft wird in der Industrie 4.0 als Smart Factory bezeichnet. Grundlegender Unterschied zur Modularen bzw. Fraktalen Fabrik ist die vollständige Ausstattung der Fertigung mit Sensortechnik, Aktoren und anderweitigen autonomen Systemen. Rohlinge können beispielsweise am Anfang der Produktion mit einem RFID-Tag ausgestattet werden, wodurch sie zu „intelligenten Werkstücken“ werden. Die Smart Factory, wie beispielsweise die ARENA2036 in Stuttgart, ist durch eine tiefgreifende Integration von Objekten, Menschen und Maschinen gekennzeichnet. Ermöglicht wird dies durch Cyber-Physical-Systems (CPS), hier werden alle Objekte der Produktion virtuell abgebildet und vernetzt. Die CPS sind eine Weiterentwicklung der Embedded Systems und werden auch als Internet der Dinge bezeichnet. Alle Objekte der Produktion erhalten also ein digitales Abbild und eine eigene integrierte Intelligenz. Die verbundenen CPS liefern echtzeitfähige digitale Abbilde und ermöglichen die Verschmelzung der realen und der digitalen Fabrik. Aus den Daten können zu jedem Zeitpunkt optimale Wertschöpfungsflüsse abgeleitet werden, es entstehen dynamische und sich selbst organisierende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich nach Merkmalen wie Kosten oder Ressourcenverbrauch optimieren lassen.
Jegliche Maschinen, Werkzeuge und Produktionssysteme in der Fertigung sind für verschiedene Aufträge und Anwendungen konfigurierbar. Es entsteht eine hohe Produktionsflexibilität, die durch komplexe Rechenleistungen auf den verschiedenen, miteinander verbundenen Unternehmensebenen ermöglicht wird. Durch das Internet kann die Abstimmung hierbei sowohl über Standort-, als auch Unternehmensgrenzen hinweg stattfinden. Es bilden sich hoch dynamische Wertschöpfungsnetzwerke, in denen die Produktionskapazitäten auftrags- und produktspezifisch ausgeglichen werden können. Dies wird als vertikale und horizontale Integration bezeichnet.
Durch die erhöhte Flexibilität sind die Wertschöpfungsnetzwerke befähigt die Personalisierung der Produktion voran zu treiben. Statt dem Streben nach Skaleneffekten durch standardisierte Produkte mit einer begrenzten Anzahl an Varianten geht die Entwicklung in Richtung des Mass Customization. Dies zeichnet sich durch hoch individuelle, auf die Kundenbedürfnisse angepasste Produkte aus, die mit den Kostenvorteilen der Massenproduktion angeboten werden können. Bei personalisierten Produkten beginnt die Leistungserstellung mit einer Interaktion zwischen dem Hersteller und dem Kunden, das heißt, dieser wird ebenso in den Wertschöpfungsprozess integriert.
In der Variantenproduktion, die derzeit in vielen Industriebereichen als Produktionsstrategie vorherrscht, wird versucht, die hohe Produktvielfalt mittels Variantenmanagement und Baukastenmanagement zu kontrollieren. Dabei werden Kundencluster gebildet, um die Kundenwünsche und -anforderungen an das Produkt zu erfüllen. Dies ist für eine wirtschaftlich erfolgreiche Produktion notwendig, da hierdurch Skaleneffekte und Erfahrungskurvenvorteile generiert werden, die die Produktionskosten senken können. Andererseits findet keine optimale Befriedigung der Kundenwünsche und -anforderungen statt.
Die personalisierte Produktion zeichnet sich durch veränderte Spezifika aus. Die Kundencluster werden aufgebrochen und die Wünsche des einzelnen Kunden gehen direkt in die Produktgestaltung und die Produktion ein. Die Stückzahl der individualisierten Produktion kann bis 1 zurückgehen, es werden also Individualprodukte produziert, die optimal auf die Bedürfnisse der Kunden angepasst sind. Hierdurch wird ein wichtiger Erfolgsfaktor deutlich, die Intensivierung des Austauschs zwischen dem Kunden und den Produzenten. Marktforschungen, wie sie bisher für die Kundenclusterung durchgeführt werden, sind für die personalisierte Produktion nicht mehr zielführend. Für eine stetige und effiziente Umsetzung der individuellen Kundenbedürfnisse bedarf es neuer Produktkonfiguratoren, um die Wünsche an das Produkt zu verwirklichen.
In wenigen Jahren betritt Frau Meier beim Schuhkauf den Laden und wird zunächst von Sensoren und 3-D-Scannern vermessen. Sie bestimmt ein Grundmodell und gestaltet anschließend die Form, das Muster und die Farbe selbst. Die auf ihre Fußform individuell angepassten Elemente kommen aus dem 3-D-Drucker. Diese werden mit den persönlich gestalteten Komponenten zusammengefügt. Innerhalb weniger Stunden kann Frau Meier ihren personalisierten Schuh mitnehmen. Nun kann sie sich der Gestaltung ihres individualisierten Autos, Kleidung oder Müsli widmen.
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