Agiles Arbeiten: Agilität ist kein bloßes Tool, sondern ein Wertesystem

Agile Arbeitsweise versprechen die Handlungs- und Redaktionsfähigkeit von Unternehmen in einer sich dynamisch wandelnden Welt nicht nur zu erhalten, sondern zu steigern. Im Gespräch erklärt Claudia Gruhn, Managerin im Bereich Consulting und Transformation bei der PROTEMA Unternehmensberatung GmbH, die Vorteile agiler Methoden, für welche Projektformen sie sich am besten eignen und was Unternehmen bei der Einführung der neuen Arbeitsweise beachten müssen.

Indem sie die Handlungs- und Reaktionsfähigkeit in Zeiten des dynamischen Wandels nicht nur erhält, sondern maßgeblich steigert, empfiehlt sich Agilität insbesondere für die Herausforderungen der VUKA-Welt als methodischer Ansatz. Jedoch nicht für alle Projektformen stellt Agilität die optimale Lösung dar.

Damit die Auswahl eines erfolgversprechenden Piloten und das agile Vorhaben gelingen, sollten Unternehmen die Erfolgsfaktoren kennen und systematisch vorgehen.

Ob IBM, Google oder Spotify – immer mehr Unternehmen setzen auf agile Arbeitsweisen. Warum?

Agile Arbeitsweisen versprechen Schnelligkeit und Flexibilität. Denn agile Elemente und Methoden erlauben es, zeitnah auf Marktveränderungen zu reagieren und innovative, kundenzentrierte Lösungen zu entwickeln. Innerhalb der definierten Prinzipien natürlich, die einen Rahmen für strukturierte und selbstorganisierte Arbeit schaffen.

Warum sind Schnelligkeit und Flexibilität so wichtig?

Wir leben in einer VUKA-Welt, die sich namentlich durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz auszeichnet. Dieser Wandel bringt Dynamik mit, Unternehmen sind gezwungen, sich zu verändern, Geschäftsmodelle anzupassen und dabei vermehrt die Kundenwünsche in den Fokus zu nehmen. Agile Methoden können dabei helfen, in einem solchen Setting handlungsfähig zu bleiben, doch nicht immer sind sie die richtige Wahl.

Warum nicht?

Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass Agilität kein bloßes Tool oder ein einmal eingeführter Prozess ist, sondern ein Wertesystem, das fortan kontinuierlich gelebt und gepflegt werden muss. Es benötigt daher mehr als nur die Umsetzung einer Implementierung. Sondern es bedarf auch der Bereitschaft zu einem grundlegenden Kulturwandel im Unternehmen.

Wie sieht Projektarbeit klassischerweise aus und wie unterscheidet sich die agile Arbeitsweise hiervon?

Klassischerweise laufen die meisten Projekte in Unternehmen nach der Wasserfall-Methode ab, also in einem geplanten Entwicklungsprozess, der feste Phasen und klare Ziele umfasst. Eine Anpassung an sich ändernde Anforderungen ist hier zumeist unnötig und wenn dann schwierig umzusetzen, weil das Verfahren so starr ist. Das klassische Vorgehen bietet sich für Themen und Entwicklungen der Standardisierung an, etwa um Arbeitsschritte effektiver zu gestalten. Liegt aber ein komplexes Projekt vor, zu dessen Beginn Unklarheit über Zielzustand, Anforderungen und über den Umsetzungsweg herrscht, bietet sich ein agiler Ansatz an. Denn dieser setzt auf einen inkrementellen Ansatz mit sich wiederholenden Schritten.

Der Fokus liegt auf Selbstorganisation und regelmäßigen Feedbackschleifen mit den Stakeholdern bzw. Kunden. Das Projekt entwickelt sich Stück für Stück, bis es den Zielzustand erreicht, der durch den Kunden definiert ist. Veränderte Anforderungen können schnell und flexibel umgesetzt werden.

 

Agilität ist kein bloßes Tool oder ein einmal eingeführter Prozess, sondern ein Wertesystem, das fortan kontinuierlich gelebt und gepflegt werden muss. Es benötigt daher mehr als nur die Umsetzung einer Implementierung – sondern auch die Bereitschaft zu einem grundlegenden Kulturwandel im Unternehmen.

 

Es gibt unterschiedliche Methoden für eine agile Arbeitsweise, am häufigsten kommt „Scrum“ zum Einsatz. Was zeichnet diese Methode aus?

Die Anwendung von Scrum beinhaltet eine neue Denkweise. Dazu gehört stets eine Kultur des Lernens und Ausprobierens. Fehler werden nicht „verteufelt“, sondern werden ganz im Gegenteil als wichtig erachtet, da sie den Prozess unterstützen und eine wichtige Informationsquelle darstellen. Zentral ist darüber hinaus die absolute Kundenzentriertheit. Die Methode Scrum arbeitet mit Events, um das Produkt in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, anzupassen und Transparenz zu schaffen. Wichtig ist hier ein stetes Tempo: Sprintzyklen und Termine bleiben gleich. So erfolgt die Planung in regelmäßigen Anpassungszyklen, den Sprints, mit dem Scrum-Team und den Stakeholdern.

Kommen bei Scrum spezielle Tools zum Einsatz?

Ein zentrales Tool ist das Sprint Board: Auf ihm werden das Ziel, die Aufgabenpakete und ihr Status sowie der Plan zur Umsetzung festgehalten. Es kann digital abgebildet werden oder als Metaplantafel mit Haftnotizen. Inhalte der Aufgaben und Verantwortliche werden benannt, ihre Komplexität und Bearbeitungszeit. Klassischerweise erfolgt die Visualisierung mit drei Spalten – zu erledigen, in Bearbeitung und erledigt. Das Sprint Board wird im Daily Sprint gemeinsam betrachtet, aktuelle Änderungen werden besprochen und Aufgaben je nach Status verschoben oder priorisiert. 

Wie gehen Unternehmen am besten vor, wenn sie agiles Arbeiten einführen möchten?

Unternehmen, die sich für agiles Arbeiten interessieren, sollten sich zunächst einen Überblick über den Status Quo verschaffen. Dafür bietet sich eine Selbstanalyse, etwa eine Mitarbeiterbefragung oder ein Workshop an – am besten in Zusammenarbeit mit einem agilen Coach oder einem Scrum Master, der Arbeits- und Vorgehensweisen, Prozesse und Strukturen reflektiert, um mögliche Potenziale für die agile Arbeit zu definieren und später auch die Umsetzung begleitet.

Welche Hürden gilt es bei der Einführung zu nehmen?

Stolpersteine liegen oft in der Haltung der Mitarbeiter, aber auch in Kommunikations- und Entscheidungswegen. Auch die Führung muss mit im Boot sein, denn Veränderungen ihres Stils werden notwendig: Agile Teams arbeiten eigenständig und sind ermächtigt, eigene Entscheidungen zu treffen sowie dafür die Ergebnisverantwortung zu tragen. Dafür sind Freiheiten und Grenzen von Teamentscheidungen zu definieren.

Wichtig ist auch die Besetzung der Teams, um alle notwendigen Kompetenzen abzudecken. Oft sind sie crossfunktional mit Personen mit T-Profil besetzt, also Experten mit breitem Fachwissen sowie Interessen außerhalb ihres Gebietes. Wichtig ist außerdem, dass die Teammitglieder möglichst 100 Prozent ihrer Kapazitäten im agilen Projekt einsetzen. Denn Splitterkapazitäten sorgen für Unruhe, hohe Rüstzeiten und ungerecht verteilte Arbeitslast. Am besten ist es, mit Agilität im Kleinen zu beginnen, also mit einem Pilotprojekt, um die Ansätze zu testen und aus der Praxis zu lernen.

Wenn ein Unternehmen ein agiles Pilotprojekt umgesetzt hat, wie geht es dann weiter?

Schon vor dem Ende des agilen Projekts sollte entschieden werden, wie es weitergeht: Kehren die Teammitglieder in ihre Linientätigkeiten zurück, entwickeln sie in einem neuen Team weiter oder begleiten sie neue agile Projekte? Die Lessons Learned des Piloten für die gesamte Organisation werden formuliert. Unternehmen sollten hier auch ihre strategische Vision hinterfragen, um zu entscheiden, ob der avisierte Weg noch derselbe ist. Ganz wichtig ist: Agile Transformation braucht Zeit, um sich vom Alten zu lösen und sich auf das Neue einzulassen.

Fazit

Die VUKA-Welt mit Digitalisierung und rasantem Wandel setzt Unternehmen unter Druck, schneller und flexibler zu handeln und sich und die eigenen Geschäftsmodelle stärker an den Kundenbedürfnissen auszurichten. Agile Methoden können helfen, handlungs- und wettbewerbsfähig zu bleiben - vorausgesetzt, sie werden strukturiert und zielgenau implementiert.

PROTEMA Transformation: Professionelles Projektmanagement – klassisch oder agil

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